Dienstag, 30. Dezember 2008

Bayerische Kultur für spanische Jungs

Es geschehen noch Wunder: da es heute in einem Geschäft "Früh-shopping" gab (Einkauf bis 11 Uhr morgens: 20% auf alles, auch auf das bereits reduzierte), kamen die Jungs heute pünktlich um 9 Uhr aus den Federn und haben erstmals das Frühstück selbst gerichtet!!!


man beachte die Uhrzeit auf dem Bild!!!

Es war ein glücklicher Zufall, dass sie heute so bald auf waren, denn just 10min. später standen bayerische Neujahrssänger samt Blech vor der Tür und posaunten im Carport flotte Weisen. O-Ton Miguel: "wenn ich nicht schon wach wäre, hätte dieses Weck-Blech die Spieler das Leben gekostet! Und dafür bekommen sie sogar noch Geld??? Was ist das für ein Land!!" Sandra stand dem Ganzen bibbernd gegenüber und konnte gar nicht verstehen, wie man bei diesen eisigen Minusgraden FREIWILLIG vor die Türe gehe, und überhaupt noch die Finger bewegen könne. Bayerische Blasmusik vor dem viel zu frühen Frühstück - war doch eher ein Kulturschock denn ein beeindruckendes Erlebnis. Ich kann allen weiteren Gruppen, die in den nächsten Tagen um die Häuser ziehen, nur empfehlen, um unser Haus einen großen Bogen zu machen, oder erst am Nachmittag aufzukreuzen, damit es "nicht scheppert". (semantisch höchts interessante Redewendung in Zusammenhang mit Blechbläsern!).

Dazu dann noch Weißwürste, süßer Senf und frische Brezn: das Staunen mit offenem Mund nahm kein Ende, bis Miguel schließlich den ersten Bissen wagte, und sich ein "Oh, Dios!! Hostia!" abrang. Er entpuppt sich immer mehr als der jugendliche "Vorkoster", für Andalusier ist er damit ein absolutes Ausnahmetalent, denn der Chiclanero per se und seine Gaditanos (Bewohner der Provinz Cadiz) sind mehr als skeptisch bei allem, was nicht frittiert ist und vor Öl trieft! "Was der Chiclanero nicht kennt, .....)
Doch Miguel schmeckt einfach ALLES was irgendwie essbar ist!! Er setzt die Kostprobe dann auch geschickt in Szene, mit dem Ergebnis, dass keine der 20 Würste übrig geblieben ist, ein Glas süßer Senf geleert wurde. Dazu frische Brezn, und ein Lehrgang im richtigen Essen der Weißwurst. Sandra und Miguel übten fleißig: BREZN, zutzln..... wir haben viel gelacht.

Heute bekamen sie auch noch einen Lehrgang in Mülltrennung und waren fassungslos: so viele verschiedene Tonnen, und das für jedes einzelne Haus, und dann auch noch die pingelige Trennung, und Leerung dann nur alle 14 Tage bzw. 1 x im Monat?!? In Spanien gibt es riesige Behälter an den Straßen, jeder schmeißt alles rein, sie werden jede Nacht (!!) geleert. So entbrannte eine heiße Diskussion über Umwelt und Erneuerbare Energien, bzw. um Energieverschwendung, wie sie in Spanien noch üblich ist. Internationaler Kulturaustausch in der Praxis!

Montag, 29. Dezember 2008

Full house

So langsam wird unser Haus voll: nun sind noch 2 weitere Jungs an Bord, mein Vater (83), und unser Mieter, heute abend frisch aus Wien angereist. Das gefällt mir, wenn sich etwas rührt, ich komme ja schließlich aus einer Großfamilie mit 7 Kindern. Und daraus gab es in diesem Jahr den ersten Urenkel für meinen Papa, den wir heute in München kennengelernt haben. Papas erste Enkelin (wohnhaft in Köln) hat ihm den ersten Urenkel geschenkt, den süßen, aufgeweckten Leon, mit dem sie in München gerade ein paar Tage verbringen, bei der Oma/meiner Schwester. Und da haben wir heute einen kurzen Abstecher hin gemacht, um diesen jüngsten Familienspross kennen zu lernen. Eines steht eindeutig fest: Der stirnhohe Scheitel, den hat er ganz sicher von seinem UROPA!!!


Von der Jungs-Front nicht viel Neues: man sieht und hört sie kaum. Das einzige was fast ständig brummt, ist der Geschirrspüler, und auch Waschmaschine, Trockner und Staubsauger leisten Erstaunliches. Daraus ist eine neue Hauptbeschäftigung für mich entstanden: Socken sortieren und Paare suchen! 

Ansonsten hat sich der Rhythmus der Jungs von dem unseren etwas differenziert, denn sie verstehen es mittlerweile prächtig, sich für die kurzen Tage hier zu entschädigen und machen die Nacht zum Tag, mit dem Ergebnis, dass wenn sie gegen 14.ooh Uhr aus dem Untergrund auftauchen und an Frühstück denken, wir gerade das Mittagessen abgeschlossen haben.  Irgendwie kommen wir nicht mehr so ganz zusammen: bei unserer Teatime wollen sie Mittag essen, und können absolut nicht verstehen, wieso wir SCHON gegen 22 Uhr zu Abend essen wollen, wo sie doch noch keinen Hunger haben, dafür dann ab Mitternacht allmählich Hunger bekommen. Roland muss seine Kochkünste also umstellen und sich auf Speisen konzentrieren, die aufgewärmt am besten schmecken (baue ich dann in einen der nächsten Kuriere mit ein, falls es noch mehr Leute gibt, die deutschen und spanischen Tages- und Essensrhythmus nicht unter einen Hut bekommen!).



BMW-World stand heute auf dem Programm für unsere Jungs, und eines steht für sie jetzt bombenfest: es lohnt sich, zu lernen und zu malochen, denn das 1. Auto haben sie bereits in Auftrag gegeben. Bis es soweit ist, dass sie ihn abholen können, versuchten sie erst einmal, sich auf 4 Rädern pro Fuß fortzubewegen. Übung macht den Meister!


Leider zensieren sie mittlerweile die Bilder, die ich von ihnen ins Netz stellen möchte, so dass ausgerechnet die witzigsten Fotos in der Privatschublade landen. Aber ich gebe mein Bestes, versprochen!

Freitag, 26. Dezember 2008

endlich Schnee!

Roland hatte es gestern auf der webcam entdeckt: auf der Rusel im Bayerischen Wald liegt Schnee!  Dies war die einzige Chance, unsere Jungs mal am Vormittag aus den Federn zu bringen. Bei strahlendem Sonnenschein und klirrender Kälte ging´s ab auf die Rusel (ca. 30 min. von uns entfernt), und zum ersten mal im Leben auf einen Schlitten oder Plastikschüsseln! Welch ein Spaß! Siehe Bilder des Tages.

Donnerstag, 25. Dezember 2008

Weihnachten ganz gemütlich

Unser Weihnachtsfest war wunderbar gemütlich, das einzige, was zum vollkommenen Glück fehlte, war der Schnee. Das wäre für unsere Jungs die Krönung gewesen. 

Baum schmücken war für sie etwas Besonderes. Ein so großer Baum, ganz frisch geschnitten, (hatte ich bereits im September ausgesucht und vorbestellt), ist doch etwas ganz anderes als der Mini-Plastikbaum, der üblicherweise in Spanien aufgestellt wird. 
Ich fand es toll, so viele "Hainzelmännchen" zu haben, die die Kisten voller Dekomaterial aus dem Keller auf einen Schlag hochbrachten, ebenso wie unsere genialen "Weihnachts-vorhangstangen", eine Erfindung meines Göttergatten. Er war es irgendwann leid, immer die Vorhänge abzunehmen, Stangen mit Girlanden und Lichtern umwickeln zu müssen, damit ich dann alles verzieren konnte. Also hat er sich ein paar einfache Stangen besorgt, die jedes Jahr dann vollkomen fertig dekoriert  innerhalb weniger Minuten gegen die eigentlichen Vorhangstangen ausgetauscht werden. 





Rollenverteilung

Ich habe wieder mal festgestellt, dass Männer viel praktischer denken und daher im Grunde wesentlich besser für den Haushalt geeignet wären! Irgendwann ist da wohl im Laufe der Jahrtausende etwas mit der Rollenverteilung schiefgelaufen. Heute haben wir den Beweis: Frauen schließen in der Schule/Uni extrem gut ab, stehen im Beruf bestens ihren "Mann", haben hervorragende Managment-Qualitäten, sind z.B. im Fernsehen als Moderatorinnen nicht mehr wegzudenken, taktieren meist geschickt mit Charme und weiblichen Waffen, statt mit Fäusten und Kanonen. Vielleicht braucht es nur eine geschickte Marketing-Aktion, um  die Rollen neu zu veteilen und Männer zu Unternehmern ihrer Familien zu machen, statt sie Familienunternehmen und Imperien leiten zu lassen? Ich bin ziemlich sicher, dass wir all die Segnungen im Haushalt wie Waschmaschine, Geschirrspüler, Staubsauger etc. Männern zu verdanken haben, die aus irgend einem Grunde den Haushalt machen mußten/wollten, und wenn man sie denn immer ließe, wäre Hausarbeit keine Arbeit mehr, sondern eine gigantische Ingenieursleistung der perfekten Automation!

Sie fragen, was das jetzt mit unserem Weihnachtsfest/Deko zu tun hat? Ganz einfach, ich habe festgestellt, dass die spanischen JUNGS, und diesmal meine ich wirklich nur die männlichen, den Vorgang des Dekorierens irgendwie ähnlich sehen wie mein Mann. Weil das Abwickeln, Entwirrren, Lampen überprüfen und über den Baum an einzelnen Zweigen zu befestigen mehr al 3 min. gedauert hat, fanden sie schlicht das Auseinanderfalten eines Plastikbaumes, den man alle Jahre wieder im gleichen Zustand nutzen kann, weitaus sinnvoller und geschickter, als "sooo viel Arbeit für einen Baum, der nicht einmal bis in alle Ewigkeit halten würde."  Sandra dagegen bekam glänzende Augen und hatte sichtlich Spaß daran, mit mir anschließend den Baum zu schmücken.  

Heilig Abend

Da wir den Baum bereits am Montag Abend in aller Ruhe geschmückt hatten, war der 24. Dezember so ruhig und gemütlich wie nie zuvor.
Ich konnte am Vormittag in aller Ruhe auf die vielen mails antworten, die ich  bekommen hatte, Roland hat eingekauft und gekocht (kann es sein, dass Männer auch die geschickteren Köche sind?!? denn  für ihn war das kein Stress, sondern Vergnügen pur, Dauer: ca. 1 Stunde!), und die Jungs waren nicht zu sehen - nur gegen 15 Uhr trieb sie der Hunger mal zum Mittagessen an unseren Tisch.  

Am Abend hat sich dann neben den Jungs noch ein Jung-Geselle zu uns gesellt, Rolands bester Freund Sepp Weiß, oder wie alle festgestellt haben: auf spanisch klingt es besser: José Blanco, seines Zeichens Ex-Fußballer des Bayern München, und er lacht mindestens genauso gerne und laut wie Roland selbst. 

Unser "türkischer" Truthahn war ein Gedicht. Außer Knochen ist dank Miguels fantastischem Appetit wirklich nichts übrig geblieben, so dass Sepp am Ende meinte: "Jetzt könnt ihr die "türkische" Pute wieder zurückbringen und Euch beschweren, denn sie hat tatsächlich nur "Boana", und kein Fleisch!"



Unsere deutschen Weihnachtslieder, Sepp und ich am Klavier, bekamen dank der lautstarken spanischen "Unterstützung" einen flamencoartigen Rhythmus, und wurden mittels laptop-webcam direkt ins spanische Wohnzimmer von Sergios Eltern übermittelt. Mangels Text und Noten haben uns dann die Jungs ihre Weihnachtslieder vom laptop weg gesungen, ein "cooles" oder auf niederbayerisch "naimodisch´s" Weihnachtsfeeling! Aber lustig war´s, vor allem, als sich dann alle per laptop, skype und webcams mit ihren Freunden in Spanien unterhalten haben. Ich glaube, unser Haus war auch begeistert davon, endlich mal wieder "belebt" zu sein, vor allem, da an diesem Abend enorm viel geblödelt und gekichert wurde.

Ein herrlicher Abend, an dem alle glücklich waren: wir, dass wir Sepp und die Jungs bei uns hatten, Sepp, dass er in der Großfamilie gefeiert hat und endlich wieder mal Rolands Küche genießen konnte, und die Jungs: ja, für sie war das schönste Geschenk, dass sie diese Ferien hier bei uns verbringen dürfen, und so waren sie mit Kleinigkeiten zur Bescherung höchst zufrieden.
Fazit: es braucht nicht viel,  um Freude zu bereiten.

ich hoffe sehr, dass auch ihr alle ein schönes Fest hattet und die nächsten Tage genießt.

herzliche Grüße

Beatrice 

Dienstag, 23. Dezember 2008

chicos in Alemania, Teil 2


von links nach rechts:  Javier, Tino, Miguel, Sandra, Sergio

(Wer den ersten Teil verpaßt hat, bitte einfach weiter runter scrollen)

Dass ich erst heute wieder schreibe, hat genau 2 Gründe: zum einen war ich bis gestern abend noch mit dem Kurier beschäftigt, zum anderen ist es so - kann sich mancher vielleicht gar nicht vorstellen - dass ich die chicos im Haus so gut wie gar nicht bemerke und nichts von ihnen mitbekomme. Dank WiFI (W-Lan) arbeite ich ja momentan am Eßtisch im EG, und da werde ich nur 2 x pro Tag unterbrochen, wenn die Meute zur Fütterung antritt. Ansonsten sind sie entweder im Keller und schlafen aus, oder in ihrem "Informatik-Hörsaal", wo Sandra und Miguel es doch tatsächlich schaffen, zu studieren und sich auf Prüfungen nach Weihnachten vorzubereiten, während die anderen skypen oder online-games spielen, oder sie sind alle unterwegs.

Am Sonntag waren sie in Passau und haben ihren ersten Glühwein und Punsch ausprobiert, haut sie aber nicht vom Hocker. Als Miguel jedoch  1/2-Meter-Bratwürste entdeckte, sah er seine Theorie mal wieder bestätigt: "in Deutschland wachsen die Lebensmittel proportional zur Größe der Häuser...", alles erscheint ihm MEGA-groß (ich überlege schon, ob ich ihn mal mitnehme nach Sulzfeld in Franken, um eine Meter-Bratwurst zu essen?). Aber die Auswahl an dulces (Süßigkeiten), die es auf den Weihnachtsmärkten gibt, verschlägt ihnen einfach die Sprache. 

              Miguel vor dem Schoko-Regal

Den absoluten Treffer hatte ich jedoch mit Mohrenköpfen gelandet, die ich am Samstag abend noch schnell besorgt hatte, da ich fast kein Weihnachtsgebäck mehr auftreiben konnte. Sieht so aus, als hätten wir 4 Naschkatzen dabei! Bin nicht ganz sicher, wer dies mehr genießt, die Jungs ihre Leckereien, oder ich als "Mama" dieser Großfamilie den Einkauf dieser Kalorienbomben, denn unser Tino konnte bis zum heutigen Tag kein Stück Schokolade essen, ist allergisch auf Milch, Ei, Kakao, Nüsse, etc., und hat früher auch keine Zitrusfrüchte vertragen, so dass es immer sehr schwierig war, für ihn einen Adventskalender zu füllen, oder den vielen Nikoläusen in der Stadt auszuweichen, die ihm immer genau diese Dinge geschenkt haben, die er nicht essen durfte. Und jetzt kann ich endlich in die Vollen greifen für die Schleckermäuler, die dann strahlen wie Kleinkinder vor dem Baum, und es fühlt sich sehr gut an, wenn man ihnen mit so einfachen Dingen eine solch große Freude bereiten kann. (Tino hat sich daran gewöhnt, dass er zusehen muss, oder sich mit Mandeln, Salzstangen oder Obst begnügen muss.)



Gestern abend war Deggendorf angesagt. Kaum war der Kurier fertig und online, alle info-mails verschickt, bin ich mit ihnen nach Deggendorf gefahren und war selbst total platt: um 19:30h konnte ich direkt am Stadtplatz parken, alle Geschäfte waren schon zu, nur um den Weihnachtsmarkt scharten sich noch vereinzelt ein paar Glühweinfans. Ich war davon ausgegangen, dass dort, 2 Tage vor Weihnachten, mindestens bis 22 Uhr der Bär toben würde und ich meine Geschenke kaufen könnte und mich gut amüsieren, während sich die Jungs mit ehemaligen Freunden von Tino treffen wollten. Aber die Stadt war leergefegt, selbst das Cafe am Stadtplatz, wo ich so gerne mit der Besitzerin geratscht hätte, war zu, so dass ich mich nur im Kino aufwärmen und die Zeit verbringen konnte. 

Es ist schon  komisch, natürlich spreche ich deutsch und verstehe deutsch, aber ich fühle mich irgendwie so fremd, muss vieles erfragen, als käme ich von einem anderen Stern. Habe ein Deggendorfer Kennzeichen, daher hat sich der Polizist sehr gewundert, als ich ihn fragte, ob und wie lange man denn am Stadtplatz parken könne, wo er gerade mit einer Kollegin unterwegs war, eine ganze Reihe Autos aufzuschreiben. "Die Schilder gelten auch nachts", meinte er nur. Schien mir irgendwie typisch deutsch, dass 2 Polizisten nach Geschäftsschluss  Knöllchen verteilen, obwohl kein Mensch auf der Gasse war, die Autos niemanden gestört haben, und man eher froh über Gäste und Besucher der Stadt sein sollte, statt ihnen so kurz vor Weihnachten noch das hart verdiente Geld sinnlos abzuknöpfen. Andererseits, irgendwoher müssen ja die vielen Milliarden kommen, mit denen ein Konjunkturprogramm gegen die Krise aufgelegt wird!

Tagesrhythmus und Essen in Deutschland

Es fällt uns allen schwer, uns an die kurzen Tage hier zu gewöhnen. Sandra ist immer die erste, die bereits gegen 9 Uhr allein frühstückt und sich dann nach oben verzieht, um in Ruhe lernen zu können. Ich sitze meist ab 10 Uhr an meinem neuen Arbeitsplatz, und bis ca. 13 Uhr sind dann nach und nach alle mal kurz aufgetaucht, um etwas zu frühstücken, eine Mahlzeit, die für sie nicht wichtig ist und die man daher einfach im Stehen an der Küchentheke einnehmen kann. Hunger meldet sich dann meist wieder so ab 14/15 Uhr für Mittagessen, da sitzen dann alle um den Tisch vereint. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie sie lauter neue Sachen ausprobieren, es scheint alles gut zu schmecken. Selbst Sandra, die bei uns in Spanien noch nie mitgegessen hat, jat nun Rolands Kochkünste entdeckt und lieben gelernt und sich schon mal für einen Kochkurs angemeldet.  Javies Mutter hatte ein wenig Bedenken, da ihr Sohn so wählerisch ist. Ich glaube, er hat noch nie so gern und viel gegessen wie hier! Sergio probiert auch alles, und das ist dochetwas ungewöhnlich für Andalusier, die meist nur das essen, was sie kennen, was dazu fürht, dass die Auswahl in den meisten Lokalen immer gleich ist. Unser Staresser ist aber Miguel, der auch in Spanien praktisch schon zur Familie gehört. Er ist Genießer, zelebriert die Mahlzeiten allein schon durch die Anordnung auf seinem Teller, und steht nicht eher auf, bevor nicht die letzte Pfanne/Schüssel etc. geleert ist. 

Nach dem Essen muss man alle ein wenig drängen, damit sie langsam in Schwung kommen und sich anziehen, wenn sie noch ausgehen und etwas kaufen wollen. Ab 17 Uhr ist es dunkel, die Läden schließen hier um 18 Uhr, also für uns praktisch kurz nach dem Mittagessen! 
Teatime mit Süßkram paßt dann irgendwann zwischen 19 und 20 Uhr rein (obwohl, Süßkram geht immer!),  und zum Abendessen kommen wir meist erst nach 22 Uhr. Wäre ja alles kein Problem, hätten Roland und ich nicht auch noch Bank, Einkaufen, Zahnarzt, Post etc. zu erledigen, die sich alle nicht nach unserem Rhythmus richten. 

Einkauf getrennt

Einkaufen erledigen wir seit Jahren nur noch getrennt, denn Roland ist für die Fütterung zuständig,  ich mehr für Schleckereien, Geschenke, Kosmetika und Deko. Bei mir muss Einkaufen schnell gehen, rein ins Geschäft, Korb gezielt füllen, ich kenne meine Regale auswendig, und wieder raus. Roland dagegen macht aus jedem Einkauf ein gesellschaftliches Ereignis. Irgendwie erlebt er immer etwas, wenn er unterwegs ist, und trifft komischerweise immer Bekannte, die mir nie über den Weg laufen. Auf diese Weise bringt Roland immer die neuesten Nachrichten  mit nach Hause, ohne je in eine Zeitung schauen zu müssen. Für ihn ist Einkaufen allein schon ein Genuss, denn da kann man sich beim Ansehen des Fleisches schon vorstellen, wie es dann in der Pfanne aussehen wird, was man dazu machen könnte, und je länger er durch einen Markt oder Supermarkt streift, umso mehr Ideen kommen ihm, was er mit den derzeitigen Sonderangeboten noch alles kochen könnte. Sparsam ist er, ja, das sieht man auch an seinen Rezepten im Kurier, die immer mit Preisangaben versehen sind. 

Das Schönste ist für ihn aber immer der Gedanken- oder besser gesagt: Rezepteaustausch mit allen Hausfrauen, ganz gleich ob in Spanien oder hier. Angeblich ergibt sich das immer irgendwie, so wie auch heute, als er gerade eine Pute kaufen wollte. Da riet ihm eine Frau, diese doch nicht zu nehmen, die käme aus der Türkei, "da gibt´s nur Boana (Knochen), koa Fleisch! die san zach (die sind zäh)".  Etwas überrascht fragte er nach: wieso aus der Türkei? Woher wissen Sie das? "Steht doch drauf, da schaugn´s her: oven ready TURKEY! Angezogen vom unüberhörbaren Lachen meines Mannes scharten sich gleich noch weitere Hausfrauen dazu, und schon war er wieder Hahn im Korb und erläuterte, wie einfach man die Pute doch zubereiten könne, gaaanz langsam...... (siehe Rezept im Residentenkurier 2). Bis er dann immer vom Einkaufen zurückkommt, kann ich schon fast meine gesamte Weihnachtspost erledigen oder einige Seiten von meinem Kurier schreiben!




Jetzt erstelle ich noch schnell eine Diashow, um Euch das Ganze etwas zu bebildern. Allerdings mögen meine Jungs es nicht, wenn ich sie fotografiere, da sie ja erst abends ausgehen, und daher den ganzen Tag in ihren Pyjamas rumlaufen.

Wer Zeit hat, dies jetzt zu lesen, hat wenigstens keinen Vorweihnachtsstress. Das wünsche ich allen, geht es gemütlich und in Ruhe an.

Herzlichst
Beatrice

Sonntag, 21. Dezember 2008

Hurra, wir sind wieder online!!

Es ist geschafft, wir sind online in unserem Haus in Niederbayern, und so möchte ich euch an dieser Stelle  die nächste Zeit ein wenig teilhaben lassen an unserem neuesten Abenteuer: Weihnachtsurlaub in Deutschland, mit 4 spanischen Jugendlichen im Gepäck!  

Seit 3 Jahren leben wir nun in Chiclana, und unser Sohn, der gerade 18 wurde, hatte bisher keinerlei Sehnsucht , nach Deutschland in unser Haus zu kommen, selbst Weihnachten hat er lieber in Spanien mit seinen Freunden verbracht, als in Deutschland mit Familie. Nun gut, ich hatte Verständnis dafür, denn es erinnert mich an meine eigene Jugend (mehr dazu im neuen Residentenkurier). Also habe ich die letzten 2 Jahre Weihnachten getrennt von Mann und Sohn in Deutschland verbracht, mit meinem Papa, Familie und vielen lieben Freunden, die ich eben doch sehr vermisse. Aber heuer habe ich die geniale Lösung gefunden: Tino darf einfach ein paar spanische Freunde mitbringen, unser Haus ist zum Glück groß genug, dann sind wir endlich wieder alle gemeinsam in Deutschland zu Weihnachten. Und tatsächlich haben sich spontan gleich 3 Jungs und 1 Mädchen entschieden, einmal deutsche Weihnacht zu erleben, und wir hoffen jetzt sehr auf weiße Weihnacht, denn Schnee ist für diese Südspanier etwas völlig Neues.

Am Freitag sind wir mittags mit 2 Autos von Chiclana zum Flughafen Malaga gefahren, eigentlich nichts Besonderes, könnte man meinen. Aber bei 7 Reisenden  (Roland, Bea, Tino + 4 chicos), 2 Fahrern und 1 Mutter sind 2 gewöhnliche Personenwagen voll besetzt! Dazu aber noch 7 Koffer mit Winterklamotten, 7 x Handgepäck/Rucksäcke, Fotokamera, 1 Koffer voller Geschenke und Mitbringsel, und nicht zu vergessen: 6 Laptops!! Da kann sich jeder ausmalen, wie es in den Autos zuging, aber wir haben es geschafft.

Der Flieger ging abends um 20:10h nach München, was allerdings bedeutete, dass wir erst kurz vor Mitternacht angekommen sind. Und da gibt es keinen Zug mehr nach Osterhofen in Niederbayern (www.Osterhofen.de). Wir haben unser Auto, Citroen Xsara, immer bei einer Freundin in Erding stehen, so dass sie uns jedesmal abholt und wir dann mit dem Auto nach Hause fahren. Aber wie gesagt, bei der Anzahl der Personen und Koffer etc.!!! Purer Glücksfall, dass besagte Freundin Elke einen Familienvan mit Platz für 7 Personen hat und gemeinsam mit ihrer Tocher nicht nur unser Auto zum Flughafen brachte, sondern auch noch ihren Van.  Also wurde unser Auto mit sämtlichen Gepäck beladen, und ihr Van mit den Jugendlichen, und ab nach Pretzen bei Erding. Wieder so ein Glücksfall: unsere Elke besitzt ein großes Haus, mit einem Studio im 1. Stock, ideal für ein Matratzenlager!  Die Jungs konnten es gar nicht fassen, ein Raum so groß wie in Spanien fast ihr ganzes Haus (und wenn ich sage "Jungs" ist natürlich immer das Mädl miteingeschlossen). Eine Stunde lang lagen sie wach und haben diskutiert, was wohl in Deutschland anders ist, dass man solch große Häuser hat, alles schön mit Holz verkleidet, und was man dafür wohl studieren und arbeiten muss, um sich dies eines Tages leisten zu können. Eine Stunde, die das Leben dieser Jugendlichen entscheidend prägt, ihnen das "Fernweh-Virus" eingeimpft hat, und vor allem die Motivation, etwas aus sich und ihrem Leben zu machen.

Samstag früh ging das Staunen gleich weiter: deutsches Brot, selbstgemachte Marmelade, Wurst und Käse zum Frühstück (?!?), Lebkuchen, Plätzchen, dazu eine schön dekorierte Stube, mit einem  Kachelofen, an den man sich anlehnen und wärmen kann, ein duftender Adventskranz aus echten Zweigen, und ein Garten ohne Mauer drum rum, Fenster ohne Gitter, keine Abtrennung zum Nachbarn hin, alles offen und mit ewig weiter Sicht, einfach unfassbar, ungewöhnlich, aber unglaublich schön. Bei all der Faszination dieser Jugendlichen wird mir wieder mal bewußt, wie reichhaltig der spanische Wortschatz ist, um schöne Dinge zu beschreiben.

Ein weiterer glücklicher Zufall will es, dass die S-bahn gleich in der Nähe ist und wir nun die 5 mit einem Bayern-ticket auf Tour schicken, rein nach München, raus am Marienplatz, und zum ersten mal in ihrem Leben auf einen typisch deutschen Weihnachtsmarkt. " Ich habe mich gefühlt wie ein Kleinkind, so voller Freude, so viele leckere Überraschungen, die Augen wurden immer größer, der Mund ging nicht mehr zu, "O-Ton Miguel.

Am Nachmittag trafen wir dann alle etwa gleichzeitig in Osterhofen ein, die 5 per Zug, und Roland und ich mit dem Auto voller Gepäck, in ein Haus, in dem es durch die lange Abwesenheit nicht einmal Grundnahrungsmittel gibt (seit wir einmal Obstfliegen hatten, wird bei jeder Abreise ALLES geräumt). Aber egal, denn bis das Kellerapartment von den Jungs in Beschlag genommen wurde, die Koffer ausgepackt, alles verstaut, alle 5 geduscht und gestriegelt waren, hat Roland den Großeinkauf erledigt und- seine Lieblingsbeschäftigung - gekocht!! Und ich hab mal schnell  im Büro das Internet ausprobiert: klappt von meinem Tischcomputer aus, also alles bestens, dann kann ich ja am Abend am Kurier weiterarbeiten und nachts den Adventskalender aktualisieren!

Das Essen wurde wiederum zu einem besonderen Augenschmaus für unsere Jungs: "Ich habe eine Theorie", sagt Miguel. "Hier in Deutschland wachsen die Nudel proportional zur Größe der Häuser, denn die sind 3 x so groß wie bei uns,  solche Mega-Makkaroni habe ich im Leben noch nicht gesehen!" (wenn mir die Jungs mal ihren Fotostick rausrücken, dann kann ich ein paar Bilder dazu liefern!).

Anschließend haben die Jungs mein Büro im 1. Stock, ein großes Videostudio, für sich belagert, um einen Film anzuschauen. Also habe ich mich an den Eßtisch im EG verzogen, um am Laptop an der neuen Ausgabe des Residenten-Kurier weiterzuschreiben.  Kurz vor Mitternacht wollte ich dann schnell den Adventskalender aktualisieren, woran ich aber nicht gedacht hatte: die anderen haben ja auch Laptops, und  ALLE wollten ins Internet! Mein Studio glich gerade einem Informatik-Hörsaal, das Kabelgewirr eher einem Technikraum einer Computerfirma, die gerade einen neuen Server aufbaut. 3 verschiedene Router wurden soeben ausprobiert (die sie von zu zuhause in Spanien mitgebracht hatten, um unser Haus in eine WIfi-Zone (wireless Lan) umzufunktionieren, und nun war ich gefragt: gibt es  ZUFÄLLIG noch die Zugangsdaten zu dem DSL-Anschluss im Haus?? (haben wir seit Jahren nicht mehr gebraucht!). Aber wie Mütter halt so sind, die immer alles wissen müssen, wer wann was wo im Haus hinterlegt haben könnte, so kam mir auch in diesem Moment die zündende Idee, und nach ein paar Fehlgriffen in Schubladen mit Garantiescheinen, Telefon-Gebrauchsanleitungen, Unterlagen über die Telefonanlage im Haus tat ich den entscheidenden Griff in einen Ordner (deshalb heißen die Dinger wohl so) und fand eine uralte Bescheinigung mit einer Ziffernfolge, die so manchen Zweifel aufkommen ließ: Benutzername hatte ich mir einmal mit Bleistift dazu notiert: die 12-stellige Ziffer der Anschlusskennung, dazu noch weitere ca. 20 Nummern und am Ende irgendetwas mit t-online.de. Als Passwort stand da wieder eine ewig lange Ziffernfolge, die sich wohl niemals jemand einprägen konnte. Aber siehe da, das Wunder ist geschehen, dank dieser Daten hatten wir auf einmal alle NETZ!!! Nur für kurze Dauer, gerade so lange, um den Adventskalender zu aktualisieren. Kaum war ich wieder unten  am Eßtisch und wollte Texte und Bilder runterladen, die ich per mail für den Kurier bekommen hatte, streikte die Internetleitung an meinem Laptop, und- wie sich dann herausstellte, bei allen, denn es traten erneute Probleme auf, die dann jedoch bis um 2 Uhr nachts endgültig gelöst waren. So, und nun sitze ich da, kann Euch ein wenig berichten und bin froh, dass die Verbindung klappt: der neue Kurier ist fast fertig, ich hoffe, dass er morgen online ist. Bitte einfach die Tage öfter mal reinschauen, ich habe ein Weihnachtssonderheft vorbereitet.

Jetzt muss ich mich aber sputen, damit es bald fertig wird. Bis später. Hier noch ein schönes Gedicht für den heutigen 4. Adventssonntag.

herzliche Grüße

Beatrice




Samstag, 6. Dezember 2008

30 Jahre Spanische Verfassung

Heute feiert Spanien das 30-jährige Jubiläum der aktuellen Verfassung. Aus diesem Anlaß gibt es einige offizielle Veranstaltungen, vor allem in Cadiz:

11.15 h: die Bürgermeisterin Teofila Martinez, legt ein Blumenbouquet vor dem Monument der Constitucion nieder, am Plaza del al Constitución, Puerta Tierra.

11.30h: am Plaza de Sevilla wird die spanische Flagge gehißt.

12.00h: Auf dem Hauptbalkon des Rathauses wird die spanische Flagge gehißt.


In Chiclana sind folgende Akte geplant:

11.30h: werden die spanischen Flaggen gehißt, in der Calle Vega und entlang der Calle La Fuente.

12.00h: Offizieller Akt im Teatro Moderno: alle Vertreter der verschiedenen Parteien nehmen daran teil und verleihen das goldene Abzeichen der Stadt an das Zentrum „de adultos Dionisio Montero“ und dem colegio La Salle San José.
Es spielt das Blechbläserquintett ITUCI.


Volksabstimmung über die Spanische Verfassung


Am 6. Dezember 1978 wurde die Constitución Española (spanische Verfassung) per Volksabstimmung von der Mehrheit der Bevölkerung in Spanien angenommen. Viele Franco-Anhänger hatten zum Boykott der Volksabstimmung aufgerufen, so dass die Beteiligung nur bei 67,1 Prozent lag. Drei Wochen später, am 27. Dezember 1978, wurde die neue spanische Verfassung von König Juan Carlos I. unterschrieben. Der Übergang von der Franco-Diktatur zur Demokratie war damit vollzogen, Militär, Kirche und Verwaltung, die die Diktatur Francisco Francos unterstützt hatten, wurden auf einen Schlag durch die Verfassung entmachtet. Durch die neue Verfassung wurde Spanien eine parlamentarische Erbmonarchie und bekennt sich seitdem zu den Grundsätzen eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Staatsoberhaupt ist der König, seit 1975 Juan Carlos, der als Schiedsrichter und Lenker über den Ablauf der Regierungsgeschäfte wachen soll. Zu den Aufgaben des Königs gehört auch die Repräsentation Spaniens, er ist Oberbefehlshaber der spanischen Streitkräfte und soll die Einheit und Kontinuität des Staates verkörpern.

Die Verfassung gewährt allen Bürgern die demokratischen Grundrechte und Grundfreiheiten. Spanien wird als dezentralisierter Einheitsstaat definiert, den einzelnen Regionen und Volksgruppen wird aber die Selbstverwaltung gewährt. Dem Baskenland und Katalonien sind die zugestanden Rechte allerdings noch nicht weitgehend genug, was immer wieder zu Konflikten innerhalb Spaniens führt.

Durch die Verfassung wurde die Todesstrafe in Spanien abgeschafft (Ausnahme: Militärische Strafgesetze im Kriegsfall). Die letzte Hinrichtung in Spanien fand 1974 statt.