Sonntag, 8. März 2009

Nachruf auf den Markt in Chiclana, von unserer Leserin Marion Lorenz

Nostalgie, Nostalgie: Wie oft sind wir in den letzten 23 Jahren durch die alte Markthalle von Chiclana geschlendert. Gefangengenommen von der einzigartigen Mischung aus Kühle, Gedränge, Lärm, tausendundeinen Gerüchen, gelassener Geschäftigkeit, selbstverständlicher Höflichkeit auch dem Fremden gegenüber. Damals, als der alte Schneckenverkäufer draussen vor der Halle auf einem Klappstühlchen sitzend seine leckere Ware in geflochtenen Körben feilbot. Als innen, rechts hinter dem Eingangstor, die conejos de campo im Fell gebündelt neben den cabritos hingen. Wie oft sind wir von einem Carnicero-Stand zum nächsten und wieder zurück geeilt, um die beste und günstigste paletta iberico zu finden. Wir waren begeistert von der Freundlichkeit der Verkäufer, die uns radebrechenden Ausländern mit Geduld und Liebenswürdigkeit alle Vorzüge ihrer Ware erklärten. Wie faszinierend die lautstark von den Chiclaneras umlagerten Fischstände, wie lecker die üppigen Kräuterbüschel, die so unscheinbaren und doch so köstlichen Nefles und Erdbeeren, Erdbeeren, Erdbeeren...


Wie oft haben wir nach solch lustvollem Streifzug durch diese so banale und doch so einzigartige Halle Tüten und Taschen durch die brütende Mittagshitze zum weit entlegenen Parkplatz geschleppt. Schwer beladen und glücklich über die üppige Ausbeute, die unsere Küche bald in ein duftendes El dorado, angesiedelt zwischen Europa und Aftrika, verwandeln sollte. Und wie oft haben wir noch schnell nur einen Strassenzug weiter vor der alten Bodega abgebremst, um unsere grossen Korbflaschen direkt aus dem Fass mit feinstem Fino aufzufüllen.

Melancholie, Melancholie: All das wird es bei unserem nächsten Besuch nicht mehr geben. Woran sollen sich nun meine nostalgischen Erinnerungen klammern, wenn mich hier im kalten, feuchten, nebligen Südburgund der bitter-süsse Chiclana-Blues packt? Wie oft habe ich mich an solch klammen Tagen zurückgeträumt in "meinen" mercado, der mir nun nie wieder Einlass gewähren wird.

Stattdessen: Eine schicke, chromblitzende, spotbeleuchtete Neubau-Halle, die in ihrer schicken Unpersönlichkeit genauso gut in Lyon, Genf, München oder Hamburg stehen könnte. Frei nach dem Motto: Alles wird besser. Nur Chiclana bleibt gut!? Oder etwa doch nicht?? Spätestens beim nächsten Besuch werden wir es wissen. Es sei denn, es gibt schon vorher ein Echo im Residentenkurier.


Marion Lorenz

1 Kommentar:

  1. Leider hatte ich nicht merh die Gelegenheit, noch einmal die alte Markthalle zu genießen. In Conil hat die kleine, alte Markthalle schon seit längerem geschlossen und den neue Mercado finde ich fürchterlich und war deshalb erst ca. 2-3 mal da- Chiclana mochte ich besonders, einerseits das Ambiente und dann war auch alles billiger als in Conil. Mit Sicherheit werde ich mir auch den neuen Markt anschauen, ich lasse mich überraschen. Viele Grüße, Heidi

    AntwortenLöschen